Der Film «Aftersun» zeigt eine liebevolle Vater-Tochter Beziehung in einer zerbrechlichen Situation. männer.ch organisiert am 27.2. im Anschluss an den Film einen Talk darüber, wie es gelingen kann, in einer Biografie mit Brüchen engagierter Vater zu bleiben. 

Ein paar Tage am Meer in einem Hotel in der Türkei. Die 11-jährige Sophie verbringt mit ihrem Vater Calum, den sie sonst kaum sieht, die Ferien. Viel mehr Handlung gibt es nicht in «Aftersun». Und doch zeigt der Film eine Vater-Tochter-Beziehungen, die so berührend selten zu sehen ist auf der grossen Leinwand. Ob rumfläzen am Pool, Billardspielen oder beim Zubettbringen. Die Momente der Vertrautheit zwischen den beiden brauchen kaum Worte, um in ihrer Echtheit spürbar zu werden. Und andererseits bräuchte es sie doch, die Worte. Denn im Verlauf des Films beginnt man realisieren, dass der junge Vater alles andere als OK ist; wie er sich zusammenreisst und doch immer wieder auseinanderzufallen droht. Doch ihm fehlen die Worte, das mit seiner Tochter, die an der Schwelle zum Erwachsenwerden steht, anzusprechen. Und auch sie scheint zu spüren, wie wichtig es ihm ist, den Anschein von Souveränität aufrecht zu erhalten. Und so lässt sie auf fast behutsame Art die heiklen Themen wieder fallen, wenn er im Gespräch verstummt. Trotzdem zeigt der Film keine kaputte Beziehung, sondern eine trotz – zwar nur angetönten, aber klar spürbaren – Brüchen intakte.

Depression und Leichtigkeit

Die besondere Stärke des Films liegt darin, dass die Leichtigkeit und die Schwere nebeneinander Platz haben. Man muss mitlachen, wenn die beiden sich über die hölzerne Lautsprecherdurchsage der Reiseleiterin amüsieren oder sich in einer heissen Quelle mit Schlamm beschmieren. Und man wünscht sich, dass es den beiden für mehr als eine Ferienwoche möglich wäre, einander so nahe zu sein. «Manchmal beim Spielen, schaue ich in den Himmel und wenn ich die Sonne sehen kann, denke ich daran, dass wir beide die Sonne sehen können. Obwohl wir nicht am selben Ort sind und nicht wirklich zusammen, sind wir es also doch irgendwie, oder nicht?», sagt Sophie in einer Szene. Wie so oft schweigt Calum und schafft es nicht, den Faden aufzunehmen, um aus dem Gefühl der Verbundenheit ein Gespräch werden zu lassen.

Männliche Sprachlosigkeit

So handelt der Film neben Vaterschaft und dem Anfang der Pubertät auch von männlicher Sprachlosigkeit und den verpassten Chancen, die diese mit sich bringt. Der Vater verstummt, sobald im Gespräch er selber in den Fokus rückt. Als Sophie ihn fragt: «Als du 11 warst: Was dachtest du damals, was du heute wohl so machen würdest?», schaut er ratlos in ihre Videokamera. Dieses Bild prägt sich ein: Geliebt, aber verloren mit sich selber und ohne Worte, um nach Hilfe zu fragen. Die Traurigkeit, die darin liegt, bleibt nach dem Film hängen. Wie verbunden er und seine Tochter dennoch sind, mischt diesem Gefühl etwas Zuversicht und Hoffnung bei.