Seit 5 Jahren ermöglicht die «Plattform Männerberatung den Austausch unter Fachleuten, die als Männerberater oder -therapeuten tätig sind. Im Interview sprechen die beiden abtretenden Co-Moderatoren über den Wert dieses Austauschs, besondere Erlebnisse und die Überführung der Plattform in eine Fachgruppe.
Basil Glanzmann
Sozialarbeiter, Berater und Therapeut
Philipp Gonser
Berater, Coch und Supervisor
Wie nützt euch der Austausch und die Vernetzung mit anderen Männerberatern für eure tägliche Arbeit?
Basil: Ich erlebe nach wie vor, dass Vernetzung nicht die Paradedisziplin von Männern ist und es gewisse Voraussetzungen braucht, bis ein persönlicher Austausch stattfinden kann. Das ist bei Männerberatern nicht viel anders, wage ich zu behaupten. Ein Anliegen der Plattform war, eine Vernetzung und einen Austausch auf nationaler Ebene zu ermöglichen, um das grosse Knowhow, die wertvollen Erfahrungen und Kompetenzen zu bündeln und die Männerberatung zu stärken. Die unterschiedlichen Inputreferate zu Methoden in der Männerberatung bildeten jeweils eine gute Grundlage, um in den Austausch zu kommen. Ich habe selber viel profitiert, diverse Ansätze kennengelernt, neue Perspektiven und Inputs für die Praxis erhalten. Lehrreich war auch die Auseinandersetzung mit dem «Orientierungsrahmen geschlechterreflektierte Männerarbeit» und dem Thema Privilegien und Selbstausbeutung.
Philipp: Als selbstständiger Coach und Supervisor ist ein regelmässiger Fachaustausch unter Berufskolleg*innen eine wichtige Selbstverständlichkeit geworden. Die männerspezifischen Inputs an unseren Plattform-Treffen förderten meinen gendersensiblen Blick und forderten mich immer wieder heraus, eigene mit Geschlechtlichkeit verwobene Privilegien und Prägungen zu reflektieren. Diese Auseinandersetzungen wirken gewinnbringend auf all meine Beratungstätigkeiten ein. Denn niemand kann sich diesem Geschlechterdiskurs gänzlich entziehen. Ob bewusst oder unbewusst, wir bewegen uns immer in diesem kommunikativen Feld innerlich angenommener oder abgelehnter Identität und äusserlichen Zuschreibungen, oder eben gerade verweigerten Lesarten. Der Austausch mit Fachkollegen, hier also Männer, welche diese Landschaften auch schon mit geduldiger Ausdauer und gezielter Konzentration ausloteten, unterstützt mich jedoch nicht nur in meinem beruflichen Werdegang, er bereitet mir auch einfach immer wieder viel Freude!
Gibt es ein Treffen, das euch in besonderer Erinnerung geblieben ist? Und warum?
Basil: Für mich ist es nicht ein bestimmtes Treffen, sondern die Plattform Männerberatung als Ganzes, welche organisch gewachsen ist und mir in wertvoller Erinnerung bleiben wird. Ich denke hierbei an Kontakte und Begegnungen, welche zuerst etwas distanziert und dann immer näher und vertrauter geworden sind. Wichtig war für mich der Prozess des «in Verbindung kommen und in Verbindung sein», sei das mit Philipp, mit männer.ch Gesamtleiter Markus Theunert, mit den unterschiedlichen Männerberatern an den Treffen und dem Kern an Personen, welche die Plattform Männerberatung mit- und vorangetragen haben. Ich denke, dass dies ein sehr wichtiges Element in der Männerberatung und Männerarbeit ist.
Philipp: Von den bald vierzehn Treffen gibt es einige die mir in lebendiger Erinnerung geblieben sind. Doch ganz besonders berührt hat mich das letzte Treffen. Nebst dem spannenden Input von Basil über die Anwendung emotionsfokussierter Therapie in der Männerberatung, konnten wir uns nach zwei Jahren endlich wieder mal in Olten treffen. Es wurde damit zu einem sehr emotionalen Treffen im doppelten Sinne. Ich konnte noch viel verstärkter als sonst wahrnehmen, wie viel mehr als Worte und Ideen an so einem Plattform-Treffen ausgetauscht wird, wie nahrhaft und tragend solche Männergruppen ihrem Wesen nach sind. Daher hoffe ich sehr, dass es in einer neuen Form weitergehen kann, wenn sich Basil und ich aus der Rolle als Co-Moderatoren lösen.
Was wünscht ihr euch für die Fachgruppe Männerberatung, die aus der Plattform hervorgehen soll?
Basil: Ich wünsche, dass die gelungen Vernetzung durch die Plattform Männerberatung auch in der Fachgruppe Männerberatung weiterlebt und weitere Verbindungen entstehen können. Zudem hoffe ich, dass die Fachgruppe zur Weiterentwicklung und Professionalisierung der Männerberatung beitragen kann. Aus meiner Sicht bedingt das einen guten vertrauensvollen Rahmen, in welchem der Prozess und die Auseinandersetzungen auch in die Tiefe gehen können. Ich bin gespannt und freue mich, in einer anderen Rolle an der Fachgruppe Männerberatung teilnehmen zu können.
Philipp: Die angestrebte Fachgruppe beschreibt in ihrem Konzept die Aktivitäten und Ziele der Plattform Männerberatung ja schon sehr treffend. Ich wünsche dem Gefäss zukünftig, dass es sich eine bestimmte Offenheit bewahren kann; Einerseits gegenüber inhaltlichen Suchbewegungen, andererseits eine Offenheit für all die Männer, die in die Fachgruppe finden – auch für ein gewisses Kommen und Gehen diesbezüglich. In den letzten fünf Jahren gab es Männer, die regelmässig teilnahmen und der Plattform damit eine notwenige Stabilität verliehen. Doch an vielen Treffen gab es auch einige neue Gesichter. Diese Mischung empfand ich immer als sehr zieldienlich.
Am 14. und letzten Treffen der Plattform Männerberatung soll neben dem fachlichen Austausch unter Fachleute, die als Männerberater oder -therapeuten tätig sind, die Überführung der Plattform in die «Fachgruppe Männerberatung» besprochen werden.
Fachleuten, die als Männerberater oder -therapeuten tätig sind, sind eingeladen teilzunehmen und diesen Übergang mitzugestalten. Alle Infos hier.