An der Mitgliederversammliung vom 28. Juni wurde Julian Hoffmann in den Vorstand von männer.ch gewählt. Im Interview erfahrt ihr, wer Julian ist und warum er sich bei männer.ch engagiert.

Julian, seit wann interessierst du dich für das Thema Männlichkeit?

Als Schulsozialarbeiter habe ich schon früh gemerkt, dass man diese Ebene in der Arbeit mit Jungs auf dem Schirm haben muss. Wie beeinflussen Männlichkeitsbilder und männliche Sozialisation das Verhalten? Und wie nehme ich das auf? Das Interesse war schon lange da, trotzdem blieb es für mich eher ein Randthema. Als ich auf den Lehrgang «Geschlechterreflektiert mit Jungen, Männern und Vätern arbeiten» von männer.ch gestossen bin, hat mich mein Interesse für das Thema quasi eingeholt. Und mit den Inputs und Erfahrungen aus dem Lehrgang ist es vom Rand immer mehr ins Zentrum gerückt. Ich sehe heute beruflich und privat viel klarer, wie stark Vorstellungen von Männlichkeit uns alle im Verhalten prägen.

Du arbeitest als Schulsozialarbeiter mit Jungen. Was nützen dir hier geschlechterreflektierte Ansätze?

Ich merke in Gesprächen mit Jungs, dass ich sie heute besser packen kann. Ich zeige ihnen im Gespräch: Ich verstehe dich – auch als Mann.  Gleichzeitig konfrontiere ich sie etwas stärker, um die Wand aus Coolness zu durchbrechen. Das funktioniert bei mir recht gut. Ich erkenne dank meinem geschulteren Blick heute bei auffälligen Verhaltensmustern besser, was darunter liegt. Ich habe auch angefangen bewusster anzusprechen, worüber Männer sonst eher nicht reden. Aber auch wenn eine Lehrpersonen sagt: «Der tut so saudoof und muss immer rumbluffen», sage ich heute eher mal: «Schau, der versucht ja auch nur Männlichkeitsnormen zu erfüllen, von denen er glaubt, er müsse ihnen gerecht werden. Wenn man genauer hinsieht, ist das doch vor allem ein Junge, der unter Druck steht.»

Wofür möchtest du dich im Vorstand besonders einsetzen?

Zum einen schätze ich die Vernetzung. Ich finde es spannend und wertvoll, mit anderen Männern in Kontakt zu sein, die sich mit sich selber und dem Thema Männlichkeit auseinandersetzen. Aber diese Auseinandersetzung mit sich selbst, das Verständnis dafür, dass wir Männer einerseits viele Privilegien haben, dafür aber auch oft einen hohen Preis zahlen: Das muss man auch in die Gesellschaft tragen. Hier will ich mitarbeiten.

Überraschungsangriff! Verrate uns eine Leidenschaft von dir, die stereotyp männlich ist!

(Denkt nach) Also ich habe schon mal selbst das Getriebe und die Kupplung meines Autos gewechselt. Autoschrauben ist doch so richtig schön klassisch männlich, nicht? Auch mein Velo hat keine Schraube, die ich noch nicht selber angezogen habe.

Vielleicht etwas weniger polemisch: In welcher Charaktereigenschaft entsprichst du dem klassischen Männerbild? Und in welcher überhaupt nicht?

Ich kann gut zuhören und mich auf mein Gegenüber einstimmen. Das ist wohl auch der Grund, weshalb ich in einem sozialen Beruf gelandet bin. Ausserdem habe ich mein Pensum auf 50% reduziert um mehr Zeit für die Kinder zu haben und damit meine Frau mehr arbeiten kann. Auf der anderen Seite kann ich gut rationalisieren. Aber insgesamt ist Charaktereigenschaften nach männlich-weiblich einteilen nicht so meins.

Und was machst du, wenn du dich grad nicht mit dem Thema Männlichkeit beschäftigst?

Ich verbringe Zeit mit meiner Frau und unseren zwei Kindern. In den Ferien gern ohne grosse Pläne unterwegs im Wohnmobil, zuhause lieber draussen als drinnen. Ohnehin bin ich gern in der Natur: Mit Zelt, Kanu und vor allem viel mit dem Velo.