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Faktor M – Männlichkeit und Radikalisierung

Männer sind in radikalen Gruppierungen statistisch übervertreten. Und sie befürworten signifikant häufiger extremistische Einstellungen und gewaltlegitimierende Männlichkeitsnormen. Der Bericht «Der Faktor M» von männer.ch analysiert männlichkeitsideologische Radikalisierungsdynamiken und zeigt Ansatzpunkte zur Prävention von Radikalisierung und Extremismus.

Im Rahmen des Projekts wurden fünf Dimensionen identifiziert, die in der Summe den «Faktor M» ausmachen. Dieser Faktor M bildet jene Facetten von Männlichkeit ab, die Radikalisierung und Extremismus begünstigen (Männlichkeit wird dabei verstanden als die Gesamtheit an kulturell vermittelten Anforderungen, die ein Junge oder Mann erfüllen muss, um als «männlich» zu gelten). Der Bericht «Der Faktor M» soll Fachleute und regionale Fachstellen befähigen, Radikalisierungsdynamiken besser zu verstehen, früher zu erkennen und ihnen nachhaltiger zu begegnen.

Die Resultate

Der Faktor M setzt sich aus fünf Dimensionen zusammen:

  1. Essentialismus (Glaubenssystem): Geschlecht wird als durch die Natur und/oder Gott vorgegeben betrachtet. Jede Infragestellung oder Relativierung dieser Überzeugung – beispielsweise durch den Verweis auf kulturelle Einflüsse, zeitgeschichtliche Veränderungen oder individuelle Gestaltbarkeit – wird abgewehrt.

  2. Hypermaskulinität (Identität): Selbstgenügsamkeit, Härte, Muskeln, Homophobie, Hypersexualität, Aggression und Kontrolle werden zu Grundbausteinen männlicher Identität erklärt. Gewalt- und Risikobereitschaft gelten als Männlichkeitsbeweis.

  3. Misogynie (heterosozialer Bezug): Frauen werden als minderwertig betrachtet. Sie sollen für Männer unbezahlte Arbeit zu leisten und sie mit Zuwendung, Liebe und Sex zu versorgen. Jede Auseinandersetzung mit männlichen Privilegien und misogynen strukturellen Prägungen wird fundamental abgewehrt.

  4. Bruderschaft (homosozialer Bezug): Kameradschaft unter Männern wird als höchster Wert betrachtet. Gleichzeitig wird Wettbewerbsverhalten unter Männern gefördert und gefeiert. In der Männlichkeitshierarchie ganz oben steht, wer mit möglichst vielen Frauen Sex hat und seine «Männlichkeit» notfalls mit körperlicher Gewalt unter Beweis stellt. Alle anderen werden als Schwächlinge abgewertet.

  5. Autoritarismus: Abschliessend zeigt die psychologische Analyse: Die Verbindung von Angepasstheit, Unterwürfigkeit gegenüber Autoritäten, gesellschaftlichem Überlegenheitsanspruch und Aggressionen gegenüber allem Fremden korrelieren stark mit (Rechts-)Extremismus, Fremdenhass, Verschwörungsmentalitäten – und männlichkeitsideologischer Radikalisierung.

Prävention

Wie lässt sich männlichkeitsideologischer Radikalisierung vorbeugen?

Auf struktureller Ebene gilt es, Verteilungsgerechtigkeit, Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit zu fördern. Auf Angebotsebene ist Geschlechterreflektion in der ganzen psychosozialen Versorgung entscheidend. Zudem braucht es eine flächendeckende Verankerung geschlechterreflektierter Jungenpädagogik, Männerberatung und Väterbildung.

Fazit und Empfehlungen

Männlichkeit ist ein zentrales Element der grossen gesellschaftlichen Debatten der Gegenwart. Die damit verbundenen Kulturkämpfe stellen in vielen Ländern mittlerweile eine ernsthafte Bedrohung für Demokratie, Rechtsstaat und gesellschaftlichen Zusammenhalt dar. Um zu verhindern, dass sich auch die Schweiz vor solche Herausforderungen gestellt sieht, wird u.a. empfohlen…

  • die Thematik Männlichkeit und Radikalisierung wesentlich aktiver zu bearbeiten;
  • die Empfänglichkeit für Männlichkeitsideologien in der Schweizer Bevölkerung repräsentativ zu erfassen;

  • Sicherheitsbehörden, Fachstellen und pädagogische Einrichtungen für die Zusam­menhänge zwischen Männlichkeit und Radikalisierung zu sensibilisieren und ihnen Instrumente für Früherkennung und -intervention zu vermitteln;

  • Eltern, Fachpersonen, Politik, Verwaltung und Medien für die mit starren Männlichkeitsanforderungen verbundenen Radikalisierungsrisiken zu sensibilisieren;
  • der Radikalisierung in der virtuellen Manosphere mit (Pilot-)Angeboten aufsuchender sozialer Arbeit zu begegnen;

  • geschlechterreflektierte Bubenarbeit, Männerberatung und Väterbildung als Pfeiler einer zeitgemässen psychosozialen Grundversorgung in den Kantonen zu verankern.

Der Hintergrund

Das Projekt «Faktor M» leistet einen Beitrag zur Umsetzung des Nationalen Aktionsplans zur Verhinderung und Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus 2023-2027, der explizit «geschlechtsspezifische Analysen und Massnahmen» einfordert, die «Radikalisierungsdynamiken in Verbindung mit geschlechtlichen Sozialisationsprozessen und kulturellen Geschlechternormen» bringen (SVS 2022, 15). Denn Geschlechter- und Sozialisationsforschung zeigen: Kinder verinnerlichen schon im Alter von zwei bis drei Jahren kulturell vermittelte geschlechtsspezifische Anforderungen, wie sich Jungen oder Mädchen verhalten sollen. Im Dienst von Akzeptanz und Zugehörigkeit unterlassen Jungen in der Folge, was als «unmännlich» gedeutet werden könnte, beispiels­weise Gefühle der Schwäche zu zeigen. Die statistische Übervertretung von Männern in extremistischen Gruppierungen ist untrennbar mit männlicher Sozialisation und der Ausrich­tung an bestimmten dieser kulturell vermittelten Männlichkeitsanforderungen verbunden.

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Bericht «Der Faktor M»

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Visualisierung «Faktor M»

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Kurzfassung «Faktor M»

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Sprachversionen

Kurzfassung: FR / IT
Visualisierung: FR / IT

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Markus Theunert

Gesamtleiter männer.ch

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