Den Einen sind 10 Tage Vaterschaftsurlaub zu viel, den Anderen zu wenig. Vielleicht sind 10 Tage deshalb grad richtig: Zu kurz, als dass Väter darauf verzichten könnten – aber zu lang, um keine Spuren zu hinterlassen.
Die Zeit rund um die Geburt ist die Phase, in der die Weichen für die langfristige Arbeitsteilung in der Familie gestellt werden. Denn vor der Elternschaft teilen sich junge Paare heute ganz selbstverständlich Erwerbs- und Hausarbeit. Beide wünschen sich auch, nach der Familiengründung so weiter zu leben. Logisch, im statistischen Durchschnitt sind junge Frauen heute ja mindestens vergleichbar gut ausgebildet wie die gleichaltrigen Männer. Trotzdem schlägt nach der Geburt die Traditionsfalle noch immer voll zu: Mütter unterbrechen oder reduzieren die Erwerbstätigkeit – und Väter geben beruflich Vollgas. Bis zur Pensionierung wird sich die genau in diesem Moment öffnende Lohnschere – statistisch gesehen – nicht mehr schliessen. Das ist nicht nur ungerecht. Sondern auch volkswirtschaftlich dumm. Denn so verschleudert die Schweiz Bildungsinvestitionen und sabotiert, dass die Wirtschaft die bestqualifizierten Fachkräfte bekommt.
Ja, 10 Tage sind kurz. Aber in diesen wenigen Tagen passiert Entscheidendes, wenn Väter Zeit für ihr Baby haben: Sie binden sich. Sie schütten Hormone aus (Prolaktin, Oxytocin). Sie verlieben sich. Sie lernen, für ihr Baby da sein zu wollen. Mit Haut und Haar. Von früh bis spät.
Die Einführung eines Vaterschaftsurlaubs ist in dieser Situation viel mehr als eine kosmetische Massnahme. Wenn stimmt, was internationale Erfahrungen und wissenschaftliche Untersuchungen sagen, dann ist die Einführung des Vaterschaftsurlaub der gleichstellungspolitische Game Changer schlechthin – selbst in der Schweizer Minimalform von 10 Tagen.
Ja, 10 Tage sind kurz. Aber in diesen wenigen Tagen passiert Entscheidendes, wenn Väter Zeit für ihr Baby haben: Sie binden sich. Sie schütten Hormone aus (Prolaktin, Oxytocin). Sie verlieben sich. Sie lernen, für ihr Baby da sein zu wollen. Mit Haut und Haar. Von früh bis spät. Sogar in der Nacht. Sind Väter in dieser ersten Zeit voll involviert, bauen sie nicht nur eine enge Beziehung zum Neugeborenen auf, sondern eignen sich auch ganz konkrete Kompetenzen an und holen den Rückstand auf, den Männer mangels Babysitter- und ähnlicher Erfahrungen meist haben. Dabei gewinnen sie Trittsicherheit als Betreuungsperson und tanken Selbstvertrauen. Sie werden zur gleichwertigen Alternative und engagieren sich nachweislich auch später mehr. Nicht weil sie müssen. Sondern weil sie wollen. Ist ja ihr Kind. Ihr Fleisch und Blut. Das Liebste auf der Welt. Dafür kann kein Preis zu hoch sein.
Wir prognostizieren: 10 Tage Vaterschaftsurlaub werden mit wenig Aufwand viel Wirkung erzielen – für die Gleichstellung, für die Familien und für die Volkswirtschaft als Ganzes.
Erfahrungen aus Skandinavien belegen: Vaterschaftsurlaub zu beziehen wird am schnellsten zur sozialen Erwartung, wenn die finanzielle Entschädigung hoch, die Dauer kurz und der Bezug flexibel ist. Diese Kriterien erfüllt das Schweizer Modell. Alle fortschrittlichen Kräfte der Schweiz engagieren sich deshalb trotz aller weitergehenden Wünsche beherzt für ein JA zur Einführung des Vaterschaftsurlaubs. Die Dauer mag bescheiden sein. Aber es ist ganz sicher mehr als eine reine Alibi-Lösung.
Wir prognostizieren: 10 Tage Vaterschaftsurlaub werden mit wenig Aufwand viel Wirkung erzielen – für die Gleichstellung, für die Familien und für die Volkswirtschaft als Ganzes. Sie werden einen gesellschaftlichen Lernprozess auslösen und den Massstab verändern, was Väterlichkeit heute heisst. Denn 10 Tage sind schlicht zu kurz, als dass ein Mann darauf verzichten könnte, wenn er nicht als Rabenvater dastehen will. Aber dass ihn diese 10 Tage so verändern werden, wie er das niemals für möglich gehalten hätte….das verraten wir natürlich erst, nachdem wir die Volksabstimmung vom 27. September 2020 gewonnen haben…
Markus war 2005 bis 2015 Gründungspräsident von männer.ch. Seit 2016 ist er Gesamtleiter von männer.ch und in dieser Funktion auch Leiter des nationalen Programms MenCare Schweiz. Daneben ist er mit seiner Social Affairs GmbH als Organisations- und Strategieberater tätig. Er lebt mit seiner Familie in Zürich.
Jean-Daniel ist Ethiker und seit 2016 Mitglied des Vorstands von männer.ch. 2020 übernahm er das Amt des Präsidenten. Zwischen 2008 und 2020 war er zudem Mitglied des Gemeinderats der Stadt Zürich.
Er lebt mit Familie in Zürich.