Menschen jeglichen Geschlechts sollen ihr Leben so gestalten können, wie sie möchten. Das gilt auch für Buben, Männer und Väter. Doch die haben ihre eigene Befreiung von überholten Rollenkorsetten noch kaum selber an die Hand genommen. Wir ermutigen sie dazu und begleiten sie dabei. Unsere Überzeugung: Um individuelle Chancengleichheit und strukturelle Verteilungsgerechtigkeit zu erreichen, braucht es letztlich eine fundamentale Neugestaltung der Geschlechterverhältnisse. Dabei können alle gewinnen. Denn als Männer wissen wir: Unsere vermeintlichen Privilegien mögen zuweilen cool sein. Unter dem Strich aber machen Konkurrenzdenken, einseitige Leistungsorientierung und die Jagd nach Macht und Geld vor allem krank und leer.
männer.ch formuliert und vertritt Anliegen, Potenziale und Verletzlichkeiten von Buben, Männern und Vätern in der Schweiz. Wir übernehmen aus Männersicht Verantwortung für Geschlechterfragen und Gleichstellungspolitik – und tragen die Vielfalt von Buben-, Männer- und Väteranliegen selbstbewusst und kooperativ in Politik und Geschlechterdialog. männer.ch anerkennt, dass es Benachteiligungen von Frauen gibt (z.B. Lohnungleichheit) und Massnahmen braucht, um diese zu beheben. Auch auf Männerseite existieren Benachteiligungen, sowohl legislative (z.B. Dienstpflicht, Rentenalter) wie normative (z.B. die mit der traditionellen Männerrolle verbundenen Gesundheitsrisiken).
Nicht fruchtbar ist aus unserer Sicht, diese Benachteiligungen gegeneinander aufzuwiegen. Wie soll man schon entscheiden können, ob es “besser” ist, 8 Prozent weniger zu verdienen oder 5 Jahre früher zu sterben…? männer.ch sieht sich vielmehr als Allianzpartner in einem gemeinsamen Kampf für Rahmenbedingungen, welche allen Menschen die gleiche Chance geben, in ihrem Leben das zu tun, was sie am liebsten möchten und am besten können. Geschlechtergerechtigkeit ist für uns dabei mehr als individuelle Chancengleichheit: Wir engagieren uns für die Überwindung eines patriarchalen Systems, das Fremd- und Selbstausbeutung normal erscheinen lässt.
männer.ch ist Dach- und Fachorganisation zugleich. In unseren Positionen übersetzen wir die Erkenntnisse aus Wissenschaft und Praxis in politische Forderungen. Welche Anliegen wir in unseren Kernthemen Arbeit, Familie, Sexualität und Bildung verfolgen, sagen wir hier.
Triple Advocacy
Triple Advocacy meint: Als Männer im Gleichstellungsprozess sind wir weder Männerlobby noch Erfüllungsgehilfen für weibliche Gleichstellungsanliegen. Wir sind gleichzeitig und gleichwertig:
- Sprachrohr für Anliegen, Potenziale und Verletzlichkeiten von Buben, Männern und Vätern
- Unterstützer und Kooperationspartner für Frauen und ihre Rechte, Anliegen und Organisationen
- Engagierte in einer Allianz für Geschlechtervielfalt und soziale Gerechtigkeit
Relationale Gleichstellungspolitik
Wenn wir Jungen, Männer und Väter in Geschlechterfragen wirklich als Teil der Lösung – und nicht nur als Teil des Problems – betrachten, dann braucht es ein erweitertes, ein relationales Verständnis von Gleichstellungspolitik und Gender Mainstreaming, das frauenspezifische, männerspezifische und geschlechterübergreifende Teilstrategien unter einem gemeinsamen Dach zu verbinden weiss.
Männerpolitisches Dreieck
Dabei ist nie zu vergessen: Die Männern und die Frauen gibt es nicht. Es gilt, was der amerikanische Soziologe Michael Messner bereits in den 1990er-Jahren festgestellt hat: Mit jedem Geschlecht sind Privilegien und Kosten verbunden – und innerhalb jedes Geschlechts gibt es grosse Unterschiede. Alle drei Elemente gilt es gleichzeitig im Auge zu behalten.
Weiterführende Literatur
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- BMFSFJ (2011). 25 Jahre Bundesfrauenministerium – Von der Frauenpolitik zu einer nachhaltigen Politik der fairen Chancen für Frauen und Männern. Berlin
- BMFSFJ (2013). Männerpolitik – männerpolitische Beiträge zu einer geschlechtergerechten Gesellschaft. Dokumentation einer Tagung vom 22./23. Oktober 2012 in Berlin
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