Es ist wohl das meist tabuisierte Organ des männlichen Körpers: Die Prostata. Gesund hat sie ungefähr die Grösse einer Kastanie. Wächst sie, kann sie auf die Harnröhre drücken und Beschwerden auslösen. In den meisten Fällen ist so eine Vergrösserung harmlos – ein Prostatakarzinom sollte jedoch unbedingt ausgeschlossen werden.
Neulich habe ich meinen Nachbarn Leo im Treppenhaus getroffen, der sich frühzeitig pensionieren liess und einen Wohnwagen gekauft hat.
«Na, Leo, wie war’s auf eurem letzten Trip?»
«Ach, Sommerzeit. Du weisst schon. Vor dem Gotthard standen wir für Stunden im Stau. Da habe ich es bitter bereut, mich für nicht für den komfortableren Camper entschieden zu haben.»
«Für die Siesta in den Fahrpausen?»
«Schön wär’s.» Leo errötet. «Ich musste mal – und zwar ganz plötzlich. Ich hätte auf der Stelle lospinkeln können.»
«Ach du heilige Prostata!»
«Und wir im Auto Richtung Toskana, keine Raststätte weit und breit. Da wusste ich mir nicht mehr anders zu helfen … ich bin fast im Autobahn-Asphalt versunken vor Scham.»
«Wasserflasche?»
«Tupperware.»
«Wenigstens verschliessbar. Aber weisst du was? Du bist damit nicht allein.»
«Nein?»
«Bei Männern sind Prostatabeschwerden eine Volkskrankheit.»
«Echt?»
«Meist treten sie nach dem 50. Lebensjahr auf und werden im Alter immer häufiger. Bis zu 70 Prozent der Männer über 70 Jahre haben damit zu tun.»
«Schöne Aussichten», sagt Leo zerknirscht.
«Lass dich doch operieren oder nimm Medikamente.»
«Spital? Hinten offene Hemden? Vergiss es. Und die Medikamente vertrage ich einfach nicht.»
«Es gibt da eine sehr verträgliche und wirksame neue Methode mit Wasserdampf. Ein rascher und schonender Eingriff mit kurzer Narkosedauer – und bald sind du und deine Mary wieder unterwegs Richtung Süden, mit Adriano Celentano auf ‘Replay’.»
«Ist das wirklich wahr?»
«Wir heizen dem Prostatagewebe mit Wasserdampf ein. Das Gewebe stirbt ab – die vergrösserte Prostata schrumpft und dein Urin ist wieder so frei wie du auf der italienischen Autobahn, wenn du ‘Azurro’ singst.»
«Ein wenig Dampf in die Prostata zu spritzen genügt bereits?», fragt Leo ungläubig.
«Die Methode ist schonend, schnell und komplikationsarm. Auch der Goldstandard – die transurethrale Resektion, umgangssprachlich Abschabung – erzielt gute Ergebnisse. So oder so: Lass dich durch nichts aufhalten oder einschränken. Das ist deine Zeit.»
Leos Augen leuchten. «Wenn das so einfach geht, sollte ich mir dies einmal genauer anschauen. Gleich morgen kümmere ich mich um einen Termin.»
Er schaut auf die Uhr. «Aber jetzt muss ich los. Bald ist Ladenschluss. Tupperware sind gerade in Aktion.»
Sergej Staubli
Dr. med. Sergej Staubli ist Urologe mit eigener Praxis in Wallisellen. Im Blog «Uroversum» schreibt mit Humor, Fachkompetenz und dem nötigen Feingefühl über Themen der genitalen Gesundheit. Damit will er enttabuisieren und gleichzeitig Präventionshilfe leisten.